Best Of - Theuermeisters Kolumne
Zu verschiedenen Anlässen, manchmal in Gesprächen mit Kunden, auch im Urlaub, meist aber unterwegs beim Laufen - kommen mir Ideen, die ich einfach in Worte fassen muß! Einige der täglich auftauchenden Probleme werden außerhalb des Geschäftes manchmal ganz einfach gelöst und Zusammenhänge werden klar, die sich im Alltag nicht unbedingt erschließen. Oft aber auch Triviales, wie die "zehn Laufschuhgebote" - entstanden während eines entspannten Laufes in der Aue!
Einige dieser Artikel zu den verschiedensten Themen, haben wir hier für Sie nochmal zusammen gestellt. Es kommen bestimmt noch mehr hinzu!
Die Stimme hören
Es ist Bewegung in die Laufszene gekommen. Viele Einsteiger bevölkern die Parks, Straßen und Wälder. Und in den Laufsportfachgeschäften tauchen mit diesen Neulingen Fragen auf, die uns zeigen, daß mit zunehmender Automatisierung und Technisierung unseres Alltagslebens etwas Wichtiges verloren gegangen zu sein scheint: das Gefühl für den eigenen Körper.
Das Gefühl für eine Bewegung („wie muß ich denn walken?“), für die richtige Belastung („beim Treppensteigen bekomme ich immer Herzklopfen“), oder auch den Körper allgemein („vom Laufen bekommt man doch dicke Beine“).
Vor allem aber diese ungewohnten Bewegungen ! Dicke, schlaue Bücher müssen geschrieben werden, um uns diese fremde Fortbewegungsart „Walking“ nahezubringen. Ganze Kapitel werden gefüllt mit der Neuigkeit, daß man nicht nur die Arme mitschwingen muß, sondern auch das Tempo erhöhen, damit der Puls in die Fettverbrennungszone ansteigt.
Und die ach so diffizile Laufbewegung erst. Endlose Diskussionen müssen geführt werden über die Frage, ob der Fuß des Laufeinsteigers zuerst mit dem Vorfuß oder dem Rückfuß aufsetzen sollte! Wenn wir uns beeilen, um den davonfahrenden Zug noch zu bekommen, machen wir uns diese Gedanken nicht. Der Zug wäre längst abgefahren.
Doch der Zug ist für uns noch nicht abgefahren. Das Laufen hilft uns, unseren Körper wieder kennenzulernen, das richtige Maß zu finden. Wieviel ist genug, wie schnell ist zu schnell, wieviel Erholung braucht mein Körper, bei welchem Laufstil fühle ich mich wohl. Wieviel muß ich anziehen, damit es beim laufen weder zu warm noch zu kalt ist.
Wir haben unseren Körper teilweise unverantwortlich vernachlässigt, aber wir werden lernen, die Stimme wieder zu hören. Der nächste Schritt wird sein, sie auch zu verstehen.
Wir wollen versuchen, im vorliegenden Magazin einiges „zurechtzurücken“.
Namhafte Autoren aus verschiedenen Bereichen unseres Sportes behandeln Themen, die uns von allgemeinem Interesse scheinen. Das jedenfalls zeigen die Fragen, die bei uns in den Geschäften und in unserem Forum (www.lex-laufexperten.de) immer wieder auftauchen. Wir versuchen hier, einige davon zu beantworten.
Viel Spaß beim lesen und laufen.
Vorwort zum LEX Magazin 2002
Nicht schon wieder!
Vor einiger Zeit las ich in einem amerikanischen Laufmagazin einen Artikel über einen russischen Wissenschaftler, der schon wieder mal einen neuen Laufstil als den einzig Richtigen propagiert. Schon wieder mal! Als hätten die bisherigen Publikationen nicht schon genug Unsicherheit in der laufenden Bevölkerung hervorgerufen. Die Frage „wie laufe ich richtig?“, die sich interessanterweise nicht stellt, wenn man dem davongelaufenen Sprössling hinterher jagt, scheint sich inzwischen alle halbe Jahre, mit jeder neuen Publikation zu diesem Thema wieder neu zu stellen. Als wäre es eine Modeerscheinung: Zum jährlich wechselnden modischen Running-outfit der passende Laufstil! So wie es einer dieser Verunsicherer ausdrückte und den „modernen“ Laufstil des heutigen Menschen anprangert. Nun weiß ich natürlich nicht, in welchem Laufstil der Bote von Marathon vor 2000 Jahren seine Nachricht vom Sieg der Griechen überbrachte, doch ist einigermaßen gesichert, dass sich das Grundkonzept des menschlichen Körpers seit dieser Zeit nicht wesentlich geändert hat. Und das heißt für mich, dass er wahrscheinlich einen ähnlich ökonomischen Laufstil drauf gehabt haben sollte, wie heutzutage jeder halbwegs trainierte Läufer.
Wir von den Laufexperten wollen uns auf jeden Fall mit unserem Magazin nicht an diesen Verunsicherungen beteiligen. Sie bekommen von uns auch in dem vorliegenden Heft wieder praktische und umsetzbare Tipps für den Sport, den Sie ebenso gern betreiben wie wir selbst.
Viel Spaß beim Lesen und Laufen
Dieter Theuermeister
Lex-Laufexperten
Vorwort zum LEX Magazin 2005
Das war ein Winter!?
Der letzte Winter hat es uns wieder mal so richtig schwer gemacht: Schnee!!! 10 bis 15 cm!!! Über einen Monat lang!!! Chaos allenthalben. Jeden Abend Sondersendungen im Fernsehen zur aktuellen Lage im verschneiten Deutschland. Leere Einkaufsstraßen und Geschäfte. Und wenn etwas ging, waren es Gore Tex Schuhe und Spikes darunter.
So ändern sich die Zeiten: früher nannten wir so etwas Winter, und nicht Chaos! Wir hatten Riesenspaß, unsere Läufe durch den tief verschneiten Wald zu machen, hatten nasse Füße, Eiszapfen in den Haaren und es war ein schönes Gefühl, als zu Hause alles wieder langsam auftaute. Meist dauerte der Winter mindestens 3 Monate, Frau Holle hatte Großeinsatz und wir hatten absolut nichts dagegen. Vielmehr zahlte sich dieses „Training unter erschwerten Bedingungen“ in der Sommersaison aus: wer sich durch den Schnee kämpft, lernt auch im Sommer hart zu fighten.
Und nun steht der Sommer vor der Tür! Was wird passieren? Es wird warm, vielleicht sehr warm werden! Der Schweiß wird fließen! Wieder Chaos? Wieder ein Grund, sich jeden Schritt genau zu überlegen? Was da alles passieren kann in der Wärme!!!
Soll ich Ihnen was von früher erzählen, von unseren Sommern? Sie können es sich sicherlich denken: wir haben es genossen und hatten unseren Spaß dabei.
Vielleicht versuchen Sie es mal damit: Laufen macht Freude – in jeder Jahreszeit!
Vorwort zum LEX Magazin 1/2010
Getreten und geschunden
Laufschuhe sind erstaunliche Kreaturen: Bei jedem einzelnen Schritt ertragen sie etwa das Dreifache des Körpergewichtes eines Läufers. Bei 70 kg Lebendgewicht sind das über 200 kg. Pro Schritt! Bei nur fünf Schritten summiert sich das schon auf über eine Tonne!
Trotzdem dämpfen, stützen und führen sie den Fuß des Läufers über erstaunliche 800 -1000 km. Dann ist das Sohlenmaterial ermüdet, das Obermaterial gibt dem Fuß keinen Halt mehr. Ein neues Paar ist fällig.
Dieses für den Läufer wichtigste Utensil sollte immer in Bestform sein, denn nur dann kann er seinen Aufgaben nachkommen:
- den Aufprall dämpfen und ein rundes Eingleiten in die Abrollbewegung gewährleisten
- den Fuß durch die Abrollbewegung führen und ein übermäßiges Wegsacken des Fußes nach innen (Überpronation) verhindern
- die Abrollbewegung des Fußes nicht behindern
- den Fuß gegen durchdrückende Steine schützen
Doch wie findet man den Richtigen? Das Angebot von etwa 300 verschiedenen Modellen ist schwer überschaubar. Die Auswahl nach Optik, Preis oder Erfahrungsberichten von Mitläufern ist hier völlig ungeeignet. Da sich die angebotenen Modelle auch in ihren Laufeigenschaften und orthopädischen Anwendungsbereichen teilweise grundsätzlich unterscheiden, ist es sinnvoll, sich in die Hände eines spezialisierten Laufsport - Fachgeschäftes zu begeben und sich beraten zu lassen. Hier werden mittels Fuß- und Laufanalyse die Voraussetzungen abgeklärt. Danach bleiben aus der angebotenen Schuhpalette nur etwa vier bis fünf geeignete Modelle übrig. Nur diese erfüllen die Anforderungen, und bieten die Gewähr, mit diesem Fuß zusammen eine möglichst natürliche Laufbewegung zu ermöglichen.
Jeder Läufer bringt individuelle Voraussetzungen mit: Fußform und – stellung, Körpergewicht, Laufstil und – geschwindigkeit, nicht zuletzt den bevorzugten Laufuntergrund. So hat auch jeder Laufschuh verschiedene Eigenschaften, die ihn einzigartig machen. Materialzusammensetzung, Dämpfungssysteme, Sohlenform (-geometrie) und natürlich die Passform! Das alles ist selbst für den Fachmann teilweise nur schwer durch bloßes Ansehen zu unterscheiden, erst recht für den Kunden, der hilflos vor der großen Schuhauswahl des Spezialgeschäftes steht. Deshalb verlassen sich die Laufexperten auch nicht auf Herstellerangaben, sondern testen die Schuhe in ihrem Sortiment selbst. Nur dann können sie die Eigenschaften einschätzen und die Zielgruppe genau bestimmen.
Keineswegs erleichtert wird die Auswahl des richtigen Schuhes auch durch die Klassifizierung in verschiedene Stabilitäts – Kategorien. Neutral, stabil und bewegungskontrollierend kann ein Laufschuh sein. Doch was ist zuviel, was nicht ausreichend? Erfahrungsgemäß schätzt kaum ein Läufer seine Fußbesonderheiten und seinen Laufstil richtig ein. Hier ist die Analyse des Fachmannes gefragt, der seine Empfehlungen mit den Wünschen des Kunden abgleicht, so dass durch diese Zusammenarbeit der ideale Schuh gefunden werden kann. Dann steht den nächsten Laufkilometern nichts mehr im Weg.
Aus LEX Magzin 2006
Eine Gehpause ist keine Schande!
Es gibt Sprüche, die hört man in Läuferkreisen immer wieder: „Unter einer Stunde ziehe ich mich gar nicht um“, „lieber tot als langsam“, „gehen? – wir sind doch kein Wanderverein!“.
Während die ersten beiden als Grundeinstellung zu Recht in Frage gestellt werden, hält sich das Vorurteil gegenüber einer Gehpause recht hartnäckig. Zu Unrecht! Der amerikanische Lauftrainer Jeff Galloway hat schon vor vielen Jahren in seinen Büchern darauf hingewiesen, dass Gehpausen in bestimmten Fällen sogar leistungsfördernd sein können. Auch wir wollen dieses Thema aufgreifen, denn: eine Gehpause ist keine Schande!
Wie selbstverständlich wird in jedem Trainingsplan für Einsteiger der Wechsel von gehen und laufen empfohlen, um die Gewöhnung an die orthopädische und organische Belastung des Laufens möglichst schonend zu gestalten.
Und auch Läufer, die nach einer längeren Trainingspause oder einer Verletzung wieder ins Lauftraining einsteigen, sind gut beraten, nicht da anknüpfen zu wollen, wo sie vor Wochen oder Monaten aufgehört haben. Vielmehr sollten sie sich an die alte Form heran zu arbeiten, indem sie die ersten Läufe mit Gehpausen „entschärfen“.
Für „Novizen“ wird also die Gehpause dringend angeraten, doch ist sie auch für „alte Hasen“ und „schnelle Hirsche“ kein Fehler. Denn jede Steigerung des Trainingsumfanges, der Intensität oder des Tempos erfordert eine allmähliche Gewöhnung. Belasten ohne zu überlasten lautet die Devise.
Sich in Vorbereitung auf einen Marathon von einer maximalen Streckenlänge von bisher 10 km auf 15 , 20 , 25 , ja 30 km zu steigern, erfordert nicht nur Geduld, sondern auch eine vernünftige Trainingsplanung. Beim ersten Lauf über 15 km kann es durchaus sinnvoll sein, die Strecke in einen 8 und einen 7 km Abschnitt auf zu teilen. Dazwischen eine 3 – 4 Minuten Pause mit leichten Dehn - und Lockerungsübungen. Natürlich empfiehlt sich dieses Vorgehen erst recht bei den längeren Trainingsläufen.
Auch bei Tempoläufen (Intervalltraining) oder schnellen Bergaufläufen sind Gehpausen zwischen den harten Belastungseinheiten angesagt. Nur gut Trainierte sind in der Lage, diese Pausen als Trabpausen zu gestalten. Also immer wieder der Wechsel zwischen Belastung und Entlastung. Der Vorteil: man kann einige Tempo- oder Bergeinheiten mehr machen als ohne oder mit zu kurzen Pausen. Der Lohn: bessere Leistungsfähigkeit durch höheren Trainingsumfang.
Doch nicht nur aus trainingstaktischen Gründen sind Gehpausen zu empfehlen. Sie kennen sie bestimmt auch, die Tage an denen es nicht recht laufen will. Die Beine sind schwer, der Körper unwillig und der Kopf ohnehin. Es erfordert schon einige Überwindung, an solchen Tagen überhaupt vor die Tür zu gehen und zu laufen. Vielfach hilft es, sich an solchen Tagen nicht gewaltsam über die Strecke zu quälen, sondern sich mit Lauf- und Geh - Abschnitten behutsam zu „überreden“. Meist klappt es dann doch und man kommt „in den Lauf rein“. (Wenn diese Taktik nicht hilft, geht man am besten wieder nach Hause und verschiebt das Training auf den nächsten Tag)
Auch ein neuer Schuh kann ein Grund sein, das Training mit der einen oder anderen Gehpause zu garnieren. Die Gewöhnung an neues Schuhwerk kann mitunter ein paar Kilometer dauern. Nicht nur die eigene Umstellung auf ein neues Dämpfungs- und Abrollverhalten, sondern auch das „Einlaufen“ des neuen Schuhes, ihn weich und geschmeidig machen, kann zu vorübergehenden Anpassungsschwierigkeiten auf beiden Seiten führen. Da geht man lieber mal ein paar Meter, um Blasen oder Druckstellen zu vermeiden.
Im Wettkampf denkt man zuallerletzt an eine Gehpause. Doch Halbmarathon, Marathon oder Berglauf sind häufig Anforderungen, die wegen der ungewohnten Geschwindigkeit, Länge oder Schwierigkeit eine kurze Gehpause sinnvoll erscheinen lassen. Die „Hilferufe“ des Körpers sollten nicht überhört oder aus falschem Stolz ignoriert werden. Überlastungsschäden, Verletzungen oder andere Probleme könnten die Quittung dafür sein.
Dieses Plädoyer für die eine oder andere Gehpause ist jedoch nicht als Entschuldigung für Lauffaule gedacht. Gehpausen sind ein Trainingsmittel, das Ihnen hilft, große Brocken auf kleine Häppchen zu verteilen und damit leichter verdaulich zu machen.
Ergänzung zu Gehpausen
Wann soll ich eine Gehpause machen?
Wenn der Körper signalisiert „lass mich in Ruhe, ich kann nicht mehr!“
Oder auch wenn der Verstand sagt, dass es sinnvoller ist, die Gesamtstrecke zu teilen, als sich über eine zu lange /zu schwere Strecke zu quälen.
Was mache ich während der Gehpause?
Gehen! Dazu können leichte Lockerungs- und Dehnübungen die Muskulatur wieder in Form bringen. Der Puls kommt wieder auf humane Werte und mehrmals kräftig durchschnaufen bringt Entspannung in den gesamten Körper.
Wie lange dauert die Gehpause?
So lange Sie wollen. Nur nicht zu lange, denn die Erfahrung zeigt, dass es umso schwerer wird, wieder an zu fangen, je länger die Pause war. Wenn Sie sich wieder erholt fühlen, und/oder der Pulsmesser wieder Erholungswerte zeigt, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, sich langsam wieder in Bewegung zu setzen.
Aus LEX Magazin 1/2010